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28.10.2024

„Ich bin einer von ihnen“

„Ich bin einer von ihnen“

Bewohner:innen und Mitarbeiter:innen des Sankt Vincenzstifts trauern um Bischof em. Franz Kamphaus, der in den frühen Morgenstunden (Montag, 28.10.2024) im Sankt Vincenzstift gestorben ist.

Seit 2007, als er ins Sankt Vincenzstift gezogen war, um hier seinen Lebensabend zu verbringen, war Bischof Kamphaus fester Bestandteil des Lebens geworden: beim täglichen Spaziergang konnte man ihn treffen, er aß jeden Tag in der Cafeteria, inmitten von Bewohner:innen und Mitarbeiter:innen, sprach mit jedem, hörte zu, kannte fast jeden mit Namen, war Zuhörer, Begleiter, Unterstützer. Jeder konnte sein Herz bei ihm ausschütten und wusste, sein Anliegen ist gut bei ihm aufgehoben.

Er war nicht nur gern gesehen, er war vor allem eines: Seelsorger. Gottesdienste, Gespräche, Begleitung bei Sterbefällen in der Einrichtung, Einweihung von Gebäuden – Bischof Kamphaus war immer dabei und mittendrin. Das letzte Mal am Rande des Sommerfestes am 23. Juni, als er an der Eröffnung der Grünen Mitte vor dem Nordflügel teilnahm. Auch wenn das Alter in den vergangenen Jahren seinen Tribut forderte – er interessierte sich bis zum Ende für das Wohlergehen der Bewohner:innen und Mitarbeiter:innen.

Unter dem Titel „Der Rand wird zur Mitte“ beschrieb Bischof Kamphaus ein Jahr nach seinem Einzug in einem längeren Artikel seine Erfahrungen mit den Menschen im Sankt Vincenzstift: „Ich bin mit Menschen zusammen, von denen die meisten nicht sprechen können - und doch viel zu sagen haben, allein durch ihr Dasein: „Seht ihr - sagen sie - wie behindert ihr seid: behindert durch eure Wahnvorstellung, ihr müsstet immer fit und rundum belastbar, ihr dürftet von niemandem abhängig sein; ihr müsstet alles selbst in den Griff bekommen …’ Festgefahrene und verengte Bilder vom geglückten Leben werden aufgebrochen. Man entdeckt am Anderen, mit den Grenzen des eigenen Lebens umzugehen: Jeder und jede von uns ist ein Fragment, und zugleich das Ganze (des Menschen) im Fragment! Man lernt einen respektvollen Umgang mit Verschiedenheiten, ohne immer wieder die alten Muster von besser und schlechter zu traktieren. Selbsttäuschungen zerbrechen sehr schnell, vor allem die heute so beliebte Vorstellung, aus eigener Kraft oder mit vereinten Kräften „ganzheitlich“ und „heil“ zu werden. Behinderte Menschen geben deutlich zu erkennen, dass das eine Illusion ist. Sie bezeugen: Unser Leben ist endlich und hat Grenzen.“ 

‚Herr Bischof, Du‘ – das war die Anrede der Bewohner:innen für Bischof em. Franz Kamphaus. Keine Scheu, keine Distanz – der Bischof gehört zu ihnen, wie er in dem genannten Artikel schreibt: „Die Sprache meiner Mitbewohnerinnen und Mitbewohner ist unmittelbar, direkt. Nach dem Gottesdienst zur Einführung kam gleich jemand auf mich zu: „Du hast gut gepredigt, aber viel zu lang.“ Es geht darum, unsere großen biblischen Wörter zu elementarisieren, ohne dabei banal zu werden. Man muss sich abschminken, Sprüche zu klopfen. Es kommt darauf an, ebenerdig zu reden und zu leben.“

Das Sankt Vincenzstift brachte für Bischof Kamphaus die Erkenntnis: „Ich habe das noch nie in meinem Leben so erfahren, dass es das Allerwichtigste ist einfach da zu sein. Entscheidend ist nicht so sehr, was ich sage oder tue, sondern dass ich hier wohne und lebe, einfach dazwischen bin. Wenn ich einige Tage weg bin, kommen anschließend die Fragen: Wo warst du? Warum warst du nicht da? Über Gemeinschaft wird nicht geredet, sie ist da.“

Diese Gemeinschaft trauert um Bischof em. Franz Kamphaus. Es wird einen internen Gottesdienst geben und die Möglichkeit, von ihm Abschied zu nehmen – jeder auf seine Weise. Und auch beim feierlichen Abschied im Limburger Dom werden sie dabei sein.

In der MarienKirche in Aulhausen erinnert ein Foto an Bischof Kamphaus. Ein Kondolenzbuch liegt aus. Auch Externe können sich hier von Bischof Kamphaus verabschieden.

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